Jegor Petrowitsch Botschkarew

Jegor Petrowitsch Botschkarew – Holzhändler und Wohltäter – galt als einer der am meisten angesehenen Menschen der Kreisstadt Mokschan im Laufe ihrer ganzen Geschichte. Der gebürtige Mokschaner und Pensaer Heimatforscher M. A. Lebedew (1889-1979) erzählt Folgendes über ihn: “Zukünftige Historiker können und dürfen nicht an diesem Namen vorbeigehen. Jegor Petrowitsch war Holzhändler, kaufte Waldparzellen an und benutzte sie für wirtschaftliche Zwecke: er bearbeitete Holz oder bereitete Balkenwerke für den Bau von Häusern vor. Dafür ist Jegor Petrowitsch am meisten bekannt und man bewährt ihm ein gutes Andenken.

In dem alten Mokschan gab es häufig Brände. Strohdächer der Häuser und Hofgebäude, und gleich neben den Häusern – Dreschplätze mit Roggen- und Haferschobern – trugen zu mehreren groβen Bränden in jeder Sommersaison bei.

In dieser Zeit erwarb Jegor Petrowitsch Ruhm, verschaffte sich Anerkennung und erfuhr Wertschätzung von seinen Mitbürgern, weil er den obdachlosen Brandopfern half, neue Häuser zu bauen. Wenn man damals in Mokschan angekommen wäre und einen Passanten gefragt hätte: „Wer ist in Mokschan J.P. Botschkarew?“ hätte jeder sogleich geantwortet:” Jegor Petrowitsch ist ein Mann, der den obdachlosen Brandopfern Balkenwerke zu ermäßigten Konditionen auf Abschlag verkauft, und den Armen sogar umsonst.” <…> Jegor Petrowitsch nahm an jeder Kulturveranstaltung aktiv teil, die in Mokschan stattfand. Er war ständiges Mitglied der kommunalen Selbstverwaltung – des Mokschaner Stadtrates und der Verwaltung des Semstwo [1]. Mit Hilfe von Jegor Petrowitsch wurde in Mokschan im Jahre 1904 das Volkshaus eröffnet, das für viele Jahre zum kulturellen Zentrum von Mokschan wurde, wo sich fortschrittlich denkende Bürger der Stadt ansammelten. Im Herbst 1908 wurde in Mokschan ein Gymnasium eröffnet. Damit ging ein Traum von Jegor Petrowitsch in Erfüllung. Zu dieser Zeit wurden bereits in einigen Kreisstädten des Pensaer Gouvernements (zum Beispiel, in Saransk, Nischnij Lomow, Krasnoslobodsk) Gymnasien eröffnet. Jegor Petrowitsch betreute das Gymnasium in Mokschan.

Ich erinnere mich daran – es war in 1910 oder 1911, als Jegor Petrowitsch zu mir kam und mich (damals war ich Schüler des Pensaer Priesterseminars) fragte, ob ich in dem Gymnasium vorübergehend Latein unterrichten möchte. In denselben Jahren (1906-1912) wurde mit Hilfe von Jegor Petrowitsch ein Siechenhaus eröffnet, oder ein Pflegeheim, nach heutigem Sprachgebrauch . Wahrscheinlich würde man einem solchen Landsmann in anderen Ländern in dessen Heimatstadt für eine solche Tat ein Denkmal errichten. Aber in Mokschan ereilte Jegor Petrowitsch ein anderes Schicksal.”

Die Usspenski-Kathedrale und die Erscheinungs-Kirche in Mokschan. Im Vordergrund: Bauernhäuser, die mit der finanziellen Unterstützung von J.P. Botschkarew errichtet wurden.

1918 wurde im Auftrag des Zentralkomitees der Partei die Revolutionärin Polina Samogilnaja nach Mokschan geschickt, die dort eine Strafexpedition des Roten Terrors leitete, im Laufe derer Jegor Petrowitsch und andere Bürger, die sich gegen die sowjetischen Machthaber vergangen hätten, am 24. September 1918 in einem der drei Kilometer von der Stadt liegenden Wälder, erschossen wurden.

Denken wir einen Augenblick über dieses schreckliche Thema nach. Es ist unwahrscheinlich, dass Einheimische der Teilnahme an dieser düsteren Aktion zugestimmt hätten. Und die Macher des Roten Terrors waren darüber im Bilde, sodass sie Menschen von außerhalb von Samogilnaja schickten, die kein Mitleid weder mit der Kultur der russischen Provinz noch mit Menschen im Allgemeinen hatten. Diese Fremden, die Russland gehasst hatten, glaubten, dass sie Recht hatten, in das liebe alte Mokschan einzudringen und ihm so Teures und Schätzbares abzuringen. Einem Menschen das Leben zu rauben ist schon ein schreckliches Verbrechen an sich, aber durch diesen Mord wurden auch kulturelle und geistige Werte des Volkes beeinträchtigt, dessen Beschützer hier Jegor Petrowitsch war. Es ist ein schwereres Verbrechen, dessen Täterin übrigens noch immer nicht bestraft wurde. Ein beinahe analphabetisches 18-jähriges Mädchen raubte ohne jegliche Skrupel und Zweifel das Leben einem anständigen Menschen im erheblichen Alter, einem Aufklärer und Wohltäter.

Die Initiatorin des Roten Terrors in Mokschan, die in der gesamten Sowjetunion bedeutende Personalrentnerin P.G. Samogilnaja beschloss 50 Jahre später die Kreisstadt des Pensaer Gebiets zu besuchen. Laut den Memoiren von Michail Anatoljewitsch Lebedew besuchte sie das Gebäude des ehemaligen Gymnasiums, das von Botschkarew erbaut worden war und sagte dabei, dass hier nur Kinder von Kulaken, Kaufleuten und anderen reichen Mokschaner Herren zur Schule gehen durften.

Quellen: Lebedew M.A., Erzpriester. Die Geschichte der Pensaer Region in Umrissen. / Red.- Verfasser A.I. Dworshanski. Pensa, 2007. S. 151–152; das Archiv des Standesamtes des Pensaer Gebiets; http://gtm-project.ru/wp-content/uploads/gtm-istoriya.pdf.

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