Kaufleute Nikolajews

Der Kaufmann aus Pensa Pawel Fedorowitsch Nikolajew wurde am 11. Januar 1867 in der Familie von Fedor Sergejewitsch Nikolajew (1844-9.02.1900) und Matrona Dmitrijewna Nikolajew geboren. Sein Vater, ein Kaufmann der 2. Gilde, stammte höchstwahrscheinlich aus dem Spasski Kreis des Gouvernements Tambow.

Der Kaufmann aus Pensa Pawel Fedorowitsch Nikolaew, um 1889.

Im Jahr 1869 handelte er mit Holz in der Nachbarstadt Kerensk und 1871 zog er mit seiner Familie von Spassk nach Pensa um. In der Stadt auf der Sura lieβ sich Fedor Sergejewitsch in Peski nieder, wo er anscheinend ein Haus gekauft hatte. In 1874 war er schon in die Liste der Kaufleute Pensas eingetragen und 1895 war er Mitglied der 2. Kaufmannsgilde. Er handelte mit verschiedenen Waren. In den letzten Jahren seines Lebens verkaufte er Fisch und Pilze und hatte sein eigenes Geschäft. Der Wert seines Grundbesitzes wurde auf 47 Tausend Rubel geschätzt. In der Liste der Kaufleute, die für das Jahr 1913 unter der Nummer 14 in die Bescheinigung für das Kaufmannstum desselben Standes eingetragen sind, wurde eingetragen: “Die Witwe des Kaufmanns Fedor Sergejewitsch Nikolajew – Matrena Dmitrijewna, 69 Jahre alt.” Nach seinem Ableben erhielt der Kaufmann Fedor Nikolajew in der Weihnachtskirche auf Troizkaja den letzten Segen und wurde auf dem Mironosizker Friedhof beerdigt.

Das Haus der Nikolajews in der Weihnachtsstraße. Pensa, in den 1980-er Jahren.

Das Fischhandelsgeschäft von Fedor Sergejewitsch übernahm sein Sohn Pawel Fedorowitsch, der von der Standesvertretung der Kaufleute der Stadt in die 2. Kaufmannsgilde aufgenommen wurde. Der Handel erreichte ein ernstzunehmendes Niveau, weil der Stadtrat von Pensa in 1899 ihm und dem Kaufmann N.M. Tichonow einen Platz für den Bau von Handelsläden auf dem zentralen Marktplatz für 24 Jahre lang vermietet hatte. Dieser Ort war für den Fischhandel überaus lukrativ. Denn eben hier, im Erdengrund, floss ein kleiner Fluss namens Schelachowka, dessen Gewässer zu Lager- und Kühlbehältern für Fischvorräte angepasst wurden. Einige Jahre später wurde dieses Gebäude in der Moskowskaja Straβe 73 ausgebaut und erhielt den Namen „Fischabteilung“ oder auch „Fischpassage“. Pawel Fedorowitsch führte hier den Fischhandel bis in das Jahr 1917. Das Gebäude steht auch heute noch, obwohl der Überbau des Obergeschosses sein früheres Aussehen etwas verändert hat. Heute befinden sich im Gebäude ein Einkaufszentrum und Gastronomiebetriebe.

Das Fischhandelsgebäude auf dem Marktplatz von Pensa (heutiger Name: Leninplatz).

Am 2. Juni 1889 heiratete Pawel Fedorowitsch eine Bürgerin aus dem Stand der Kaufleute von Pensa, Jewdokia Iwanowna Tersnowskaja. Sie lieβen sich kirchlich in der Kasaner Kirche auf Peski trauen. Aus dieser Ehe gingen die Söhne Anatoli (1893), Jewgeni (1898), Wladimir (1903), Wjatscheslaw (1905), sowie die Töchter Faina (1891), Antonina (1896), Zoe (1899) und Sofia (1901) geboren.

Die Kinder von Pawel Fedorowitsch: Wladimir, Zoe, Sofia, Antonina und Wjatscheslaw.

Anfang der 1900-er Jahre kaufte Pawel Fedorowitsch ein Haus in der Weihnachtsstraße 18 (heute: Gorki-Straβe). Die Kindheit verbrachten die Kinder hier. Es war ein einstöckiges Holzhaus mit mehreren Zimmern. Da der Fischhandel das wichtigste Familienunternehmen darstellte, ließ Pawel Fedorowitsch an den Fensterrahmenwerken des Familienhauses Fischschuppen abbilden. In 1918 wurde das Haus der Nikolajews von der sowjetischen Stadtverwaltung beschlagnahmt und in seinem Wert auf 7.470 Rubel geschätzt. Und in jüngerer Zeit, in 2011, wurde es gänzlich abgerissen. So hat man der Nachwelt keine Spuren vom alten Pensa mehr erhalten, die mit dem Schicksal der interessanten Stadtbürger verbunden wären.

Nach 1917 arbeitete Pawel Fedorowitsch als Gärtner im Wohnungsamt von Pensa. Und im Sommer 1919 wurde er der finanziellen Unterstützung einer konterrevolutionären Organisation des zaristischen Oberleutnants Wolossow angeklagt und verhaftet, dessen vermeintliches Ziel ein bewaffneter Umsturz der sowjetischen Regierung gewesen war. Am 17. Juli 1919 wurde P.F. Nikolajew vom TscheKa zum Tode verurteilt und am 18. Juli in Pensa erschossen. Offensichtlich wurde das Urteil im Gefängnis des Pensaer Gouvernements vollgezogen. Seine Ruhestätte ist unbekannt.

Jewdokia Iwanowna Nikolajewa

Gemäß den erhaltenen Dokumenten war Pawel Fedorowitsch Nikolajew ein bescheidener Mann gewesen, der gleichmäßig und ruhig gelebt hatte. Daher kommt die Frage auf: Wen konnte der 52-jährige Familienvater stören, der am Ende als ein einfacher Gärtner arbeitete? Und wer war schließlich dieser Oberleutnant Wolossow?

Wladimir Dmitrijewitsch Wolossow wurde am 8. Mai 1888 in Pensa in der Familie eines Kaufmanns der 2. Gilde Dmitri Afanassjewitsch Wolossow und seiner Ehefrau Maria Pankratjewna geboren. Er absolvierte die Pensaer Realschule und das Moskauer Kaufmännische Institut. Ab 1908 stand er als Leutnant im Militärdienst.

Er wurde mit dem Orden des Heiligen Stanislaw, dem Orden der Heiligen Anna 3. Grades, dem Orden des Heiligen Wladimir 4. Grades, dem Orden der Heiligen Anna 4. Grades und anderen hohen Auszeichnungen geehrt. Seit den ersten Tagen der Machtergreifung der Bolschewiki kämpfte er mit dem Orenburger Kosaken-Korps gegen die Roten, das sich in dem Gouvernement Samara stationiert hatte und dort Gefechte gegen die Rote Armee führte.

Im Jahr 1919 gelang es Wolossow mehrmals in den Rücken der Roten Armee im Raum Sysran zu fallen, sowie erfolgreich diverse Ablenkungsmanöver und Sabotageakte jeglicher Art durchzuführen. Dafür wurde ihm eine Anerkennung seines Oberkommandos ausgesprochen, mit folgendem Wortlaut: „Für geschickte Aufklärungsaktionen und kühne Attacken in den Rücken des Gegners“. Einigen Quellen zugrunde war Leutnant Wolossow später in die Armee von General Denikin geflohen und seine weiteren Spuren gingen dann verloren. Aber wenn die Spuren seines früheren Lebens verloren gegangen waren, so führten die Spuren seiner Vergangenheit die Tschekisten nach Pensa, wo eine Untersuchung eingeleitet wurde, nach deren Abschluss – Historiker S.W. Wolkow zufolge – 32 Menschen erschossen und noch 20 weitere in das nächste Konzentrationslager geschickt wurden. Unter den Erschossenen war Pawel Fedorowitsch Nikolajew, der wahrscheinlich mit Wolossow verwandt gewesen war.

Faina und Antonina Nikolajew

Solch ein plötzlicher, grausamer und sinnloser Tod war für die Ehefrau Jewdokia Iwanowna und seine acht Kinder eine ungeheure Erschütterung. Vor Kurzem war deren Leben völlig anders gewesen. Es verlief friedlich und in gewohnten Bahnen. Und plötzlich brach alles zusammen. Die Waisen wollten glauben, dass es nur ein Traum war. Aber es war eine schreckliche und unvermeidliche Realität. Anscheinend litt die Familie Not und dann waren die Kinder in alle Winde zerstreut.

Antonina Pawlowna Nikolajewa, 1912.

Eine der Töchter von Pawel Fedorowitsch, Antonina Pawlowna Nikolajewa, war eine Absolventin des Mädchengymnasiums von Pensa (1915). Sie war ein Mädchen von außerordentlicher Schönheit. Im Jahr 1913, als man in Pensa, wie auch in ganz Russland, den 300. Jahrestag der Herrschaft der Romanow-Dynastie gefeiert hatte, nahm sie an den Feierlichkeiten teil und war dabei in einen mit Glitzersteinen ausgestickten russischen Sarafan und Kokoschnik [1] gekleidet. Nach der Revolution musste sie als Kontoristin in einer Gemüseabteilung im Lebensmittelausschuss des Pensaer Gouvernements arbeiten.

Am 24. Juli 1919 reichte sie an ihre Leitung einen Antrag ein: ”Hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich aufgrund des Todes von meinem Vater und der Krankheit meiner Mutter den Unterricht nicht besuchen kann. Bitte gewähren Sie mir zwei Wochen Urlaub, um Familienangelegenheiten erledigen zu können. Kontoristin der Gemüseabteilung. A. Nikolajewa“. Dann reichte sie häufige Anträge ein mit Bitten um Krankenurlaub, und im Oktober 1920 bat sie um einen Monat Urlaub wegen ihrer bevorstehenden Heirat und der Wohnungseinrichtung. Ihr Ehemann wurde der Sohn eines Pensaer Kaufmanns Andrei Michailowitsch Tschichirew. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor.

Antonina Pawlowna am Klavier, um 1916.

Im März 1921 bat sie, als Sachbearbeiterin der Öl- und Eierabteilung, um Urlaub, indem sie die Bestätigung der Höheren Ärztekommission beigelegt hatte, in der es um eine Operation ging. In einem anderen Dokument stand geschrieben, sie wäre davon besessen sich von allen dienstlichen und familiären Pflichten befreien zu wollen. Das Leben der Familie in der frühen sowjetischen Zeit ist vage bekannt. Nach Angaben der Verwandten lebte die Familie Nikolajew-Tschichirew einige Zeit lang in der Region Narym und kehrte dann nach Pensa zurück, wo 1931 Antonina Nikolajewna an Typhus starb und am Mironosizker Friedhof beerdigt wurde.

Quellen: Staatsarchiv des Pensaer Gebiets, F. 109, V. 1, D. 1081, Bl. 11 rückseitig, 12; D. 1236, Bl. 10 rückseitig – 11; F. 182, V. 6, D. 406, Bl. 317 rückseitig; D. 368, Bl. 158 rückseitig – 159; F. 9, V. 2, D. 1399; Schtschukin S. I. Gouvemementsstadt Pensa um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert. – Pensa, 2001. S. 147; die Bescheinigung des Staatsarchivs des Pensaer Gebiets vom 11.11.92, № 56-Т; die Bescheinigung der Verwaltung des Ministeriums für Sicherheit der Russischen Föderation im Pensaer Gebiet vom 05.05.93, № Р-6; Angaben von Denissowa Natalja Aleksandrowna; http://napoleonic.ru.

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